Die Werbung für den Verkauf einer Brille im Online-Handel mit der Angabe „Premium-Gleitsichtgläser in Optiker-Qualität“ ist nach § 3 S. 1, 2 Nr.3 a HWG irreführend.
Die Beklagte bewirbt und vertreibt über einen Online-Handel Brillen, Kontaktlinsen und Zubehör. Die potentiellen Kunden können sich auf der Seite eine Brillenfassung aussuchen und die Sehwerte mitteilen. Geworben wurde unter anderem mit dem Slogan „Nicht länger eine Frage des Preises: Hochwertige Gleitsichtbrillen mit Qualitätsgläsern“ und „individuelle Gleitsichtbrillen, bestehend aus einer modischen Kunststofffassung und Premium-Gleitsichtgläsern in Optiker-Qualität“. Nach Ansicht des Klägers stellt dies eine irreführende Werbung dar, da die Brillen allein auf der Grundlage der Daten des Brillenpasses und damit auf einer unzureichenden Datenbasis hergestellt werden. Das Tragen von Gleitsichtbrillen kann außerdem zu einer Gesundheitsgefährdung und einer Gefährdung bei der Teilnahme am Straßenverkehr führen, worauf der Hinweis beim Verkauf durch den Beklagten fehlt.
Die vom Kläger angegriffene Werbung im Internet für Gleitsichtbrillen stellt eine im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1a, § 3 Satz 1 und 2 Nr. 3 Buchst. a HWG irreführende Werbung für Medizinprodukte dar, die nach §§ 8, 3, 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) zu unterlassen ist. Eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille ist ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. b MPG. Eine geschäftliche Handlung ist im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Nach Ansicht des Beklagten bezieht sich der verwendete Zusatz „Premium“ nicht auf die Brille als solche, sondern allein auf deren Gläser, deren Premium-Qualität der Kläger nicht bestritten hat. Da aber die Gleitsichtgläser mit dem vorangestellten Zusatz „Premium“ hinreichend beschrieben sind, wird der Verbraucher die Angabe „Optiker-Qualität“ ohne weiteres auch auf die Kunststoff-Fassung und damit auf die beworbene Brille insgesamt und nicht nur auf deren Gläser beziehen.
Der Verbraucher verbindet mit der Aussage „Optiker-Qualität“ die Vorstellung von einer ordnungsgemäßen Leistung eines im stationären Handel tätigen Optikers. Dabei machen der Sitz und die Anpassung der Brille wichtige Bestandteile der Dienstleistung des Optikers aus. Er wird dementsprechend annehmen, dass in eine von ihm bei der Beklagten zu beziehende „individuelle Gleitsichtbrille“ dieselben Optikerleistungen einfließen, die bei einem stationär tätigen Optiker erbracht werden. Wenn aber die Beklagte die beim stationären Vertrieb vor Ort zu erbringenden Leistungen nicht vollständig anbietet, kann sie nicht mit der Bezeichnung „Optiker-Qualität“ werben.
Urteil des BGH vom 03.11.2016, Az.: I ZR 227/14