Das Widerrufsrecht nach § 312g BGB bei Geschäften außerhalb der Geschäftsräume entfällt bei individualisierter Ware erst, wenn der Hersteller mit der Individualisierung der Ware begonnen hat.
Die Beklagte ist Lieferantin für Glasanbauten für Häuser. Der Kläger beauftragte sie mit der Errichtung eines Glasanbaus. Neben diesem Vertrag unterbreitete der Beklagtenvertreter M. Angebote zum Abschluss eines Garantie-Vertrags und eines Aktivitäten-Vertrags. Alle drei Verträge nahm der Kläger unmittelbar während der Verkaufs- und Vertragsverhandlungen an, die in seinem Haus stattfanden.
Nach Unstimmigkeiten widerrief er Kläger den Vertrag. Diesen Widerruf wies die Beklage zurück. Ein Widerrufsrecht sei nach § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, da der Glasanbau individuell angefertigt werde. Hiergegen wendet sich die Klage. Der Kläger begehrt weiterhin den Widerruf des Vertrags.
Das Gericht gab der Klage statt.
Das Widerrufsrecht ergibt sich aus § 312g BGB. Es liegt zweifelsohne ein Vertrag vor, der außerhalb der Geschäftsräume der Beklagten geschlossen worden ist, § 312 b Abs. 1 S. 1 BGB. Dieses Widerrufsrechts ist auch nicht nach § 312 g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Demnach wäre das Widerrufsrecht ausgeschlossen für „Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch die Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind“. Diese zugunsten der Beklagten wirkende Ausnahmevorschrift zum allgemeinen Widerrufsrecht bei Außer-Geschäftsraum-Verträgen ist aber nicht anwendbar.
Denn bereits der Wortlaut der Regelung fordert, dass die Waren auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers „zugeschnitten sind“. Diese Formulierung deutet darauf hin, dass ein Widerrufsrechts-Ausschluss erst stattfindet, wenn ein sprechender Zuschnitt vorgenommen worden ist. Denn „zugeschnitten sind“ ist eine sprachliche Verkürzung von „zugeschnitten worden sind“. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte hiermit noch nicht begonnen. Folglich steht dem Kläger das Widerrufsrecht nach § 312 g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB zu.
Urteil des AG München vom 13.09.2017, Az.: 224 C 18398/15