Eine von einem „Hörzentrum“ angebotene Gratis-Inspektion von Hörgeräten ist nicht unlauter.
Die Klägerin wendet sich gegen die Beklagte, die Gratis-Inspektionen von Hörgeräten anbietet. Dies sei ein Wettbewerbsverstoß.
Das Gericht ist der Auffassung, dass die Unlauterkeit der angebotenen Gratis-Inspektion für gebrauchte Hörgeräte sich nicht aus § 4a UWG ergibt, da sie nicht damit begründet werden kann, dass es dem Kunden, der ein anderswo gekauftes Hörgerät bei der Antragsgegnerin kostenlos reinigen lasse, peinlich sein werde, dann nichts bei der Antragsgegnerin zu kaufen. Fälle eines derartigen „psychischen Kaufzwangs“ werden zunächst nicht von der Regelung des § 4a UWG über unlautere aggressive Geschäftspraktiken erfasst.
In Betracht kommt daher allenfalls ein Verstoß gegen die „Verbrauchergeneralklausel“ des § 3 II UWG. Allerdings ist die Gewährung von kostenlosen Waren und Dienstleistungen zum Zwecke des Kaufanreizes heute derart verbreitet, dass der Verbraucher mit ihnen im Allgemeinen „umgehen“ kann; d.h. die Zuwendung wird bei ihm grundsätzlich kein Gefühl der Dankbarkeit oder Peinlichkeit hervorrufen, das – was der Wortlaut des § 3 II UWG verlangt – sein wirtschaftliches Verhalten „wesentlich“ beeinflusst. Eine unlautere Beeinflussung im Sinne der Generalklausel durch „psychischen Kaufzwang“ kommt daher allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht.
Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber nicht gegeben. Schon der vergleichsweise hohe Preis eines Hörgeräts und dessen große Bedeutung für das persönliche Wohlbefinden lassen es fernliegend erscheinen, dass sich ein Verbraucher nur deswegen zum Kauf entschließt, weil es ihm unangenehm ist, die kostenlose Inspektion ohne einen solchen Kauf in Anspruch zu nehmen.
Folglich liegt kein Wettbewerbsverstoß der Beklagten nach dem UWG vor.
Urteil des OLG Frankfurt a.M. vom 03.08.2017, Az.: 6 U 35/17