Seit dem 04.08.2011 existieren neue Regeln, auf die man als Betreiber eines Onlineshops hinweisen muss. Nunmehr kann insbesondere Wertersatz im Falle eines Widerrufes des Verbrauchers für ein “Ausprobieren” der Ware nicht mehr geltend gemacht werden. Lediglich Verstöße gegen Treu und Glauben und ungerechtfertigte Bereicherung können noch zu einem Wertersatz führen.
Berechtigen Fingerabdrücke zum Wertersatz?
Die Änderungen beim Widerrufsrecht betreffen in erster Linie den Wertersatz. Bisher war es möglich, von einem Kunden, wenn dieser eine Ware nach Ausübung des Widerrufsrechtes zurück sandte, Wertersatz für Gebrauchsspuren zu verlangen, sofern sie auf einen zur Prüfung der Ware wie im Ladengeschäft üblich hinausgehenden Gebrauch schließen lassen. Dies bedeutet, dass durch die bisherige Regel Unternehmen nahezu willkürlich entscheiden konnten, was Gebrauchsspuren sind, die zum Wertersatz berechtigen. Danach konnten zum Beispiel Fingerabdrücke auf Bildschirmen ohne Touchscreen-Funktion oder das Befüllen der Matratze eines Wasserbettes mit Wasser, als ersatzpflichtige Gebrauchsspuren deklariert werden, da sie über die in einem Ladengeschäft übliche Prüfung hinausgehen.
Wertersatz nur noch bei übermäßiger Nutzung?
Mit der nunmehrigen Gesetzesänderung kann Wertersatz nur noch bei Nutzungen verlangt werden, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware hinaus gehen. Zwar bleibt abzuwarten wie die Grenzen dieser verbraucherfreundlicheren Regelung durch zukünftige Urteile bestimmt werden. Jedoch ist davon auszugehen, dass der Unternehmer keinen Wertersatz bei Rücksendung der Ware geltend machen kann, sofern der Kunde die Ware ordentlich behandelt und die nachweisbaren Gebrauchsspuren auch bei Prüfung vor Ort im Ladengeschäft zwangsläufig entstehen würden. Dies gilt nun zudem grundsätzlich auch im Falle des „Ausprobierens“ der Ware. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Verbraucher grundsätzlich ohne Wenn und Aber die Ware ausprobieren kann und bis auf extreme Ausnahmefälle ein Wertersatz wohl nicht geltend gemacht werden kann.
Das Recht auf Wertersatz für Betreiber von Onlineshops
Als Betreiber eines Onlineshops empfiehlt es sich dennoch, auf die neue Regel hinzuweisen. Versäumt der Unternehmer dies, verwirkt er sein Recht, Wertersatz bei Gebrauchsspuren wegen übermäßiger Nutzung gegenüber dem Kunden zu beanspruchen. Die bisherige Gesetzesbestimmung sollte ungeachtet dessen in jedem Fall spätestens bis 04.11.2011 aus seinen Widerrufsbelehrungen entfernen und durch die aktuelle Regelung ersetzt werden. Ansonsten setzen sich Betreiber von Onlineshops einem erhöhten wettbewerbsrechtlichen Abmahnrisiko aus.
Der Gesetzestext im Einzelnen unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html – § 312e Wertersatz bei Fernabsatzverträgen (1), §357 Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe, § 360 Widerrufs- und Rückgabebelehrung