Bestehen an einem Neuwagen Mängel, kann der Käufer die Abnahme und die Kaufpreiszahlung bis zur Behebung des Mangels verweigern.
Die Klägerin (Verkäuferin) und der Beklagte (Käufer) schlossen einen Kaufvertrag über einen Neuwagen und vereinbarten die kostenfreie Lieferung an den Wohnsitz des Beklagten. Bei Anlieferung des Fahrzeuges wies der Neuwagen eine Lackbeschädigung an der Fahrertür auf, was die Klägerin als „Bagatellschaden“ bezeichnete und die Überweisung des vollständigen Kaufpreises trotz Mangels verlangte. Dies verweigerte der Beklagte, da er eine kostenfreie Behebung des Schadens verlangte, woraufhin die Klägerin das Auto am Hof des Beklagten abholen lies. Nach Behebung des Schadens lieferte die Klägerin den Wagen erneut an den Beklagen aus und verlangte Verzugszinsen für den Kaufpreis, Kostenerstattung für die Rückholung und erneute Auslieferung, sowie „Standgeld“ für die Unterbringung des Fahrzeugs.
Der BGH wies die Klage wie die Vorinstanzen ab, da der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des Wagens erst nach zweiter Lieferung fällig gewesen ist (Urteil des BGH vom 26.10.2016, Az.: VIII ZR 211/15) und der Beklagte nicht in Annahmeverzug geraten ist. Wird ein Neuwagen verkauft, muss dieser frei von Sach- und Rechtsmängeln verschafft werden (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB). Für den Beklagten bestand ein Zurückweisungsrecht, da das angelieferte Fahrzeug nicht unbeschädigt und nicht fabrikneu, somit nicht frei von Mängeln, gewesen ist. Die Zurückweisung unterliegt entgegen der Auffassung der Klägerin keiner Erheblichkeitsschwelle im Sinne von § 323 Abs. 5 S. 1 BGB, womit auch ein „Bagatellschaden“ ein Zurückweisungsrecht begründen kann. Auf eine Pflichtverletzung des Verkäufers komme es ebenso wenig an.
Der Einbehalt des gesamten Kaufpreises verstößt auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB), da somit der Anspruch auf Gegenleistung gesichert werden kann und Druck auf den Schuldner ausgeübt wird, sodass er den Mangel behebt und das Fahrzeug in der vereinbarten Beschaffenheit liefert.
Der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des Wagens ist erst entstanden, als die Klägerin den Neuwagen nach Behebung des Schadens erneut auslieferte. Ihr stehen für die Zwischenzeit weder Verzugszinsen für den Kaufpreis noch Kostenerstattung für die Rückholung noch erneute Auslieferung oder „Standgeld“ für die Unterbringung des Fahrzeugs zu, weil es sich hierbei um die Erfüllungskosten handelt, die zur Verschaffung eines mangelfreien Fahrzeugs nötig gewesen sind.